I Übergangsbestimmungen

Kommentar

Den Kraftakt, eine innovative Verfassung in Kraft zu setzen, verlangt eine Gesellschaft sich nicht ohne Not ab, auch dann nicht, wenn die neue Verfassung in vielem Besserung brächte. Eine neue Verfassung wie die vorliegende hat daher allenfalls dann Chancen auf gesellschaftliche Zustimmung, wenn sie Ängsten vor einer möglichen turbulenten Umbruchphase vorbeugt. Unter anderem hierzu könnten die nachfolgenden Übergangsbestimmungen beitragen.
Die Übergangsbestimmungen sollen die Verfassunggebung darüber hinaus von dem Erfordernis der Vollständigkeit freihalten. Solange die neue Verfassung ausdrücklich den Rückgriff auf Normen einer Vorgängerverfassung erlaubt, muss man um eventuelle Lücken in dieser neuen Verfassung nicht besorgt sein. Die Übergangsbestimmungen geben dem Verfassunggeber Zeit, solche Lücken im Lichte praktischer Anwendungserfahrungen zu schließen.
Die Lösung von Übergangsproblemen wird auch dadurch erleichtert, dass in der hier entworfenen neuen Staatsordnung Verfassunggebung und Gesetzgebung anders voneinander abgegrenzt wären als in herkömmlichen Staatsordnungen (s. auch die Präambel). Nach diesem Verfassungsentwurf kann der Verfassungskongress durch einfache Gesetzgebung verfassungsergänzende Normen setzen. Lücken in der vorliegenden Verfassung könnten daher meistenteils im vereinfachten Entscheidungsverfahren geschlossen werden.
Zur Frage des Übergangs von alter zu neuer Verfassung siehe auch den Übergangsartikel im Abschnitt Grundrechte und den dortigen Kommentar.

(1) Diese Verfassung löst die bestehende Verfassung (GG) ab, wenn die Wahlberechtigten von ….. (BRD) in einer Abstimmung der bestehenden Verfassung die verfassunggebende Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen verweigert und nicht zugleich eine andere Verfassung beschlossen haben.
Die Abstimmung über die bestehende Verfassung kann in nichtstaatlicher Initiative abgehalten werden.

(2) Diese Verfassung tritt als konkurrierende Verfassung in Kraft, wenn mindestens … Prozent der Wahlberechtigten sich in einer Abstimmung als eigenständige Verfassungsgemeinschaft den Normen dieser Verfassung unterordnen. Eine so gebildete eigenständige Verfassungsgemeinschaft kann für die Anwendung dieser Verfassung notwendige Institutionen bilden.

(3) In einer Übergangszeit von nicht weniger als zwei und nicht mehr als fünf Jahren nach Inkraftsetzung dieser Verfassung bleibt die bestehende Verfassung in Teilen mitgültig mit dieser Verfassung. Näheres regelt ein vom Verfassungskongress zu beschließendes Gesetz.

(4) Die Gesetzgebung soll sich, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts kann sich in der Übergangszeit nach Ziffer 3 an dieser Verfassung orientieren. Näheres regelt ein vom Verfassungskongress zu beschließendes Gesetz.

(5) Der erste nach den Regeln dieser vorläufigen Verfassung gewählte Verfassungskongress legt diese Verfassung frühestens zwei und spätestens fünf Jahre nach seiner Wahl den Bürgern zur ersten Abstimmung vor.

(6) Bedürfen Gesetzgeber und andere Staatsorgane einer in dieser Verfassung noch nicht enthaltenen verfassunggeberischen Orientierung, gelten insoweit – unbefristet und unbeschadet der Beschränkungen nach Ziffer 3 und 4 – einschlägige Normen der bestehenden Verfassung.

(7) Der Verfassungskongress und ihm nachgeordneten Staatlichkeiten überprüfen bestehende zwischenstaatliche Verträge nach Inkrafttreten dieser Verfassung auf Verfassungskonformität im Sinne dieser Verfassung. Vertragspartner solcher Verträge wird, insoweit die Staatsorganisation sich diesbezüglich ändert, die jeweils dem Sinne nach zuständige neue Staatlichkeit im Geltungsbereich dieser Verfassung.
Näheres regelt ein vom Verfassungskongress zu beschließendes Gesetz.

(8) Änderungen dieser Übergangsbestimmungen gelten nicht als Verfassungsänderungen im Sinne dieser Verfassung.